Neuste Musik trifft auf altehrwürdigen Sakralraum: Was sich im vergangenen Jahr als aussergewöhnliches Klang-Raum-Ereignis entpuppte, wird 2008 erneut zu erleben sein. Die fünfte
Ausgabe des Festivals für improvisierte Musik »zoom in« findet wiederum im Chor des
Berner Münsters statt. Standen letztes Jahr ausschliesslich Solo-Konzerte auf dem Programm, so sind dieses Jahr auch Duo- und Trio-Formationen zu hören.
Christian Kobi, Leiter und Organisator von »zoom in«, ist dem Festival-Gedanken treu
geblieben: Sich unvoreingenommen auf Neues, buchstäblich Unerhörtes - weil frei Improvisiertes - einlassen, die eigenen Hörgewohnheiten hinterfragen, das Schubladendenken
überwinden und dabei stets an höchsten Qualitäts-Ansprüchen festhalten.
»zoom in« als Magnet für zeitgenössische Tonkunst führt dieses Jahr sogar zu aussereuropäischen Begegnungen: So gibt der aufstrebende japanische Gitarrist und Vokalist
Hisato Higushi im Sonntagskonzert sein Debut auf dem europäischen Festland. Für den
Freitagabend konnte der Londoner Phil Minton, eine Ausnahmeerscheinung unter den Jazz-Sängern, für einen Auftritt gewonnen werden. Die Festival-Eröffnung am Freitag gestaltet
das Bieler Duo <strøm> (Christian Müller / Gaudenz Badrutt), mit Elektronik und Bassklarinette im Gepäck, einem breiteren Berner Publikum wohlbekannt durch ihre Theatermusik zur »Buddenbrooks«-Inszenierung im Stadttheater. Ebenfalls am Freitag ist der
Festivalleiter selbst, der Saxophonist Christian Kobi, im Duo mit dem aus Lyon stammenden
Elektronik-Tüftler Lionel Marchetti zu hören.
Zum Improvisations-Festival gehört wiederum ein reines Perkussionskonzert; war es 2007 der Westschweizer »Poet der Perkussion« Pierre Favre, so ist dieses Jahr der Franzose
Lê Quan Ninh als Meister agiler Schlagtechnik zu bestaunen. Ebenfalls am Samstagskonzert
tritt ein Trio auf, das die Schweizer Improvisationsszene bereits wundersam aufgemischt
hat: Der Klarinettist Laurent Bruttin und der Kontrabassist Dragos Tara, Initianten des
innovativen Lausanner Kollektivs »Rue du Nord«, spielen gemeinsam mit der New Yorker
Akkordeonistin Andrea Parkins, deren Instrument gleichsam per Nabelschnur an einem
Laptop gekoppelt ist.
Das Programm steht also - der Inhalt jedoch ist höchstens erahnbar. Das Festival steckt
nur den ungefähren Zeitrahmen des Auftrittes ab, ansonsten erteilt es den Künstlerinnen
und Künstlern eine Carte blanche: Alle werden zwar mit einem Konzept anreisen, musizieren
werden sie indessen aus dem Moment heraus - und dabei im urtümlichsten musikalischen
Spielfeld, der Improvisation, das Unwiederbringliche bringen.
Text: Daniel Fuhrimann |