»ZOOM IN«
Festival für improvisierte Musik
30. Okt. / 31. Okt. / 1. Nov. 2009
 

Luigi Nono trifft auf Freie Improvisation
Festival »zoom in« im Berner Münster

Drei Abende ganz im Zeichen der Freien Improvisation, der Musik aus dem Augenblick. Dies gilt auch für die sechste Ausgabe des Mini-Festivals »zoom in« im Chor des Berner Münsters. Erstmals jedoch hat eine Art Vor-Komposition Eingang ins Programm gefunden: Luigi Nonos »La lontananza nostalgica utopica futura« aus dem Jahr 1988. Damit wird dem grossen Wegbereiter Neuer Musik gleichsam ein roter Teppich ausgerollt.

Was hat ein Komponist an einem Festival für improvisierte Musik zu suchen? Das scheinbare Paradox ist leicht aufzulösen: Wer improvisiert, bedient sich stets aus einem Fundus von Gehörtem, Gefühltem, Gedachtem, Gespieltem – um daraus im entscheidenden Moment etwas Neues zu erschaffen. Dass nun im Programm des diesjährigen »zoom in«-Festivals ausgerechnet der Name Luigi Nono auftaucht, ist kein Zufall. Der wohl bedeutendste italienische Komponist der Nachkriegszeit hat die heutige Kunst des Improvisierens massgeblich geprägt: In vielen seiner Werke lässt er den Interpreten Raum für eigene musikalische Gedanken und Interaktionen. Der Eröffnungsabend des Festivals versteht sich demnach auch als Hommage an den 1990 verstorbenen Komponisten. Das Werk mit dem wohlklingenden Titel »La lontananza nostalgica utopica futura« ist gewissermassen als Vor-Komposition mit viel Freiraum zu verstehen. In Szene gesetzt wird es am Freitagabend von der in Bern bestens bekannten Geigerin Patricia Kopatchinskaja und dem Basler Klangregisseur Volker Böhm, der ein Zuspielband mit acht Tonspuren bedient.

Überraschung und Vielfalt versprechen auch die weiteren Konzerte: Am Samstag ist es das international besetzte Vokalensemble »Millefleurs«, das die Möglichkeiten des A-cappella-Gesangs in seinen feinsten Nuancen auslotet; anschliessend wird die Bühne frei für den Solo-Perkussionisten Christian Dierstein. Gleich zweimal erleben kann man schliesslich Sylvie Courvoisier, die Lausanner Grenzgängerin zwischen Jazz, Avantgarde und Klassik: Sie tritt am Sonntag zuerst in einem Solokonzert am Klavier auf, anschliessend im Duo mit dem Berner Saxophonisten Christian Kobi.

Kobi, der gleichzeitig als Festivalleiter agiert, hat damit erneut eine hochkarätige Künstlerschar nach Bern verpflichten können. Was die Ohren des neugierigen Berner Publikums erwartet, kann man jedoch auch dieses Jahr nur erahnen – gehört doch die musikalische »Carte blanche« gewissermassen zum Credo der Freien Improvisation.

(df)